Zorn der Bürger:innen & Gewalt des DDR Regimes - Schauplatz Gefängnis Roter Ochse:
mit Steinen und Verzweiflung gegen Unrecht, Mauern und Gewehre
Der Rote Ochse in Halle (S.) war seit den Nationalsozialisten ein berüchtigter Ort des Unrechts.
Heute befindet sich dort die Gedenkstätte Roter Ochse. Das engagierte Team der Gedenkstätte erinnert an vielfältige Aspekte von Unmenschlichkeit, Brutalität und Unrechtsjustiz mitten in der Innenstadt von Halle.
Auch heute wirken die hohen, roten Mauern bedrohlich und Angst einflößend.
Direkt vor dem Tor des Roten Ochsen demonstrierten am 17. Juni 1953 tausende von Demonstrant:innen, Student:innnen und Jugendlichen. Es kam zu brutalen Auseinandersetzungen zwischen den Sicherheitskräften und den unbewaffneten Protestierenden. Die Befreiung von Gefangenen misslang. Der Landwirtschaftsstudent Gerhard Schmidt wurde von Sicherheitskräften erschossen.
Das damalige Tor zum Gefängnis existiert heute nicht mehr. Die Bäume vor den Mauern sind allerdings geblieben.
Am Ort der Dreharbeiten von Albert Ammer präsentiere ich zwei seiner Aufnahmen. Der Mut der Ostdeutschen an jenem Junitag 1953 ist bewundernswert.
Schon am nächsten Morgen verschwindet Albert Ammer in einer Kellerzelle, genau hinter diesen Mauern.
Ein paar Momente Volksfest - Schauplatz Marktplatz, Halle (S.):
Der heitere Aufstand und jubelnde Frauen und Männer 1953
Der malerische Marktplatz mit den berühmten fünf Türmen und dem Händeldenkmal in Halle (S.) wurde 17. Juni 1953 Schauplatz spektakulärer Ereignisse.
Zehntausende von Demonstrant:innen, Streikenden, Studenten und Schaulustigen strömten aus allen umliegenden Ortschaften und Produktionsbetrieben der DDR ins Zentrum von Halle.
Selbst Belegschaften von Krankenhäusern und Pflegekräften beteiligten sich an den Protesten gegen die DDR-Regierung. Lautstark skandierten sie Schlachtrufe zum Sturz der DDR-Regierung.
Das Drehteam Ammer und Lau filmt hier die berühmtesten Szenen von jubelnden Demonstrant:innen und Streikenden. Auf den Aufnahmen von Albert Ammer am Marktplatz lachen die Protestierenden. Bis zum frühen Nachmittag glich der Aufstand eher einem heiteren Volksfest.
Geschickt positionierte sich das Filmteam, für alle sichtbar und mit bestem Blick für die Kamera, auf dem Dach eines Lastwagens.
Viele streikende Frauen und Fabrikarbeiter winken fröhlich und jubelnd in die Filmkamera. Berühmt ist das Bild des ausgelassenen Streikführers Herbert Gohlke.
Die einzelnen Standbilder des Films lassen den einstigen Film wieder erkennen. Die Gruppen mit tausend oder mehr Demonstrant:innen marschieren vom Ratshof direkt auf Alberts Kamera zu. Die Bilder einer großen Belegschaft eines Krankenhauses in Halle sind bis heute eher unbekannt, aber umso beachtenswerter. In Halle war es auch ein Aufstand der Frauen.
Tag der Frauen und Wege in die Freiheit -
Schauplatz Haftanstalt Kleine Steinstraße:
die erfolgreiche und vergessene Befreiung von über 200 inhaftierten Frauen
Heute erinnert in der kleinen Steinstraße nichts an die dramatischen, glücklichen und historisch einmaligen Ereignisse vom 17. Juni 1953.
Seit dem Morgen versammelten sich tausende von Angehörigen vor dem Tor der Frauenhaftanstalt. Bis zum Mittag kamen viele Streikende und Studenten hinzu. Laute Sprechchöre forderten die Freilassung der gefangenen Frauen.
Eine weise Gefängnisleitung begann mit den Demonstrant:innen zu verhandeln. Es dauerte jedoch mehrere Stunden bis es zu einem Ergebnis kam. Die Nerven lagen blank. Es kam auch im Inneren des Gefängnisses zu Handgemengen. Ein Mann wurde verletzt. Die einzigen Karabiner wurden erbeutet, nach draußen gebracht und zerlegt.
Irgendwann wurden die Zellentüren geöffnet. Albert Ammer und Jutta-Regina Lau filmten die Befreiung. Die damals 22. jährige Filmassistentin war erschüttert als sie die sehr jungen, zum Teil sichtlich gezeichneten Insassinnen und schockierend alte Frauen in Sträflingskleidung erblickte.
Zum Teil lachen die befreiten Frauen sichtlich erleichtert und glücklich in die Filmkamera.
Innerhalb kürzester Zeit können ca. alle 245 Insassinnen befreit werden. Die Sicherheitskräfte schauen machtlos zu.
Erst kurz nach 16 Uhr rücken hohe Sowjetoffiziere mit bewaffneten Soldaten an und sichern die inzwischen leere Haftanstalt.
In der kleinen Steinstraße ereignete sich wahrhaft historisches: Die einzige erfolgreiche Gefängnisbefreiung in der DDR. Es waren Frauen, die damals in die Freiheit stürmten.
Hier zum Roman "Alberts Bilder bleiben".
70 Jahre altes "Selfie" zeigt Applaus
für Demonstration und Filmteam -
Jubelnde Jugend am 17. Juni 1953 als verbotene Bilder der DDR
Albert Ammers Filmaufnahmen in Halle (S.) belegen eine heiteren Aufstand. Die Menschen, jung und alt, Frau oder Mann, Angestellte, Studenten und Fabrikarbeiter jubelten dem Filmteam zu.
Die Jubelnden hatten Mut, viel Mut. Ihre Sprechchöre forderten das Ende des DDR-Regimes.
Auf meinem Lieblingsbild applaudieren junge Frauen und Männer dem Kamerateam zu. Sie beklatschen Momente voller Hoffnung und Freude.
Wenig später war der Aufstand niedergeschlagen.
Das Standbild erhielt sich nur, weil die Stasi mit Hilfe Alberts Aufnahme die jungen und feiernden Demonstrant:innen identifizierte und aufspürte.
Das Schicksal der jubelnden Jugend ist ungeklärt.
Am 18. Juni 1953 begann eine beispiellose Verhaftungs- und Repressionswelle in der DDR. Die DDR reagierte unerbittlich gegen Regimegegner und gegen den Freiheitswillen. Das DDR-Regime wollte einen ähnlicher Aufstand, den Tag X, zukünftig verhindern. Dies gelang leider 36 Jahre.
Bis zum Oktober 1989.
Roman "Alberts Bilder bleiben".
Hier ein paar originale Aufnahmen von Albert Ammer und Jutta-Regina Lau von damals.